König Ränzel und sein Volk

Vor Lauingen, am Lutterstiege, liegt der Ränzelsberg. Hier hat vor Jahren ein Zwergenkönig Ränzel mit seinem kleinen Volke gelebt. Die Zwerge sind oft in dem nahen Dorfe Lauingen gewesen und haben den Bauern gerne bei der Arbeit im Hause geholfen. Der Schuster in Lauingen hatte einstens keinen Pekedraht mehr, da seine Frau gerade in Kindernöten lag, konnte er nicht nach Lutter und neuen holen. In seiner Not hat er es einem Erdmännlein geklagt, der hat ihm darauf eine kleine Rolle Pekedraht gegeben, die der Schuster erst gar nicht annehmen wollte, da sie ihm so klein deuchte. Wie er aber nun den kleinen Erdmann nicht beleidigen wollte, hat er die Rolle doch in Besitz genommen und mit ihr seine Stiefel und Schuhe genäht. Die Rolle Pekedraht ist aber nie alle geworden. -

Der Ränzelsberg bei Lauingen

Bei Lauingen unweit Königslutter liegt der Ränzelsberg. In diesem haben früher Kobolde und Zwerge gewohnt. Es sind aber die Erdmännlein gute und spaßige Zwerge gewesen, die den Knechten und Mägden auf dem Felde gern vom Versperbrot naschten und nicht selten es in ihre Ränzlein steckten, um es mit in ihre Behausung zu nehmen. - Als nun wieder einmal die Leute auf dem Felde gewesen und Flachs aufgezogen haben, hatten sie auch einige Buddel mit süßem Kirschschnaps mitgebracht. Wie die Erdmännlein nun wiederkamen, gerieten sie über das süße Getränk und taten sich recht gütlich daran. Die Arbeiter aber bemerkten bald den Besuch und scheuchten die Männlein fort. Ein Knecht aber lief hinter den Zwergen her und warf einem Erdmann mit einem Stein so unglücklich an den Kopf, daß er tot zusammen brach. - In der Nacht darauf fingen in Lauingen die Glocken so stark und laut an zu läuten, daß alle Leute hochgeschreckt sind. Eine Glocke ist aber hierbei zerborsten und in hohem Bogen vom Kirchturm runter in einen Kolk geflogen, der unweit des Dorfes liegt. Seit dieser Nacht wird dieser Kolk bis auf den heutigen Tag "der Glockenkulk" genannt. -

Die Zwerge aber haben ihre Ränzel aufgenommen und sind einer hinter dem anderen gehend ausgezogen in die Fremde. Noch oft haben die Lauinger an die kleinen Erdmännlein gedacht, die doch in Wirklichkeit so gutmütig und hilfsbereit gewesen sind. -

Der Schäfer und die Zwerge

Altmutter Rosemüller in Lauingen, aber die ganze alte, die vor hundert Jahren gelebt hat, wußte immer folgenden zu unserer Mutter Kindheit, wenn die Mädchen in den Spinnstuben zusammenkamen, von den Untrirdischen im Ränzelsberge zu erzählen.Vor Jahren hütete hier einstens des nachts ein Schäfer seine Schafe. Als nun die Geisterstunde um Klocke Elf vom Turme schlug, kam das kleine Volk und fiel über den Schaper her, warf ihn zu Boden und band ihn fest. Er hatte vorher zu anderen Leuten über die Zwerge gelacht und sich gebrüstet, keine Angst vor dem kleinen Volke zu haben. Nun lag er winselnd und jammernd auf der Erde. Da hat er dann erst lange bitten und flehen müssen, bi die Zwerge sich endlich erweichen ließen und ihn frei gegeben haben. Der Schaper hat in seinem Leben nie mehr gelästert und gespottet. -